Auf Spurensuche nach der alten Trasse der Kremmener Bahn im Tegeler Forst

 

Die heutige Streckenführung der Kremmener Bahn weicht an an einigen Stellen von der Streckenführung aus dem Eröffnungsjahr 1893 ab. So wurde bei der Hochlegung 1905 die Trasse zwischen Schönholz und Reinickendorf ein Stück weiter südlich auf einen Damm gelegt. Die heutige Freifläche zwischen der Flottenstraße und dem Bahndamm, die als Kleingartenfläche genutzt wird, ist die alte Trasse von 1893.

Zwischen 1921 und 1925 erfolgte die Hochlegung der Trasse zwischen Tegel und Hennigsdorf. Auch dieses Mal wurde die Streckenführung verändert. Zwischen dem heutigen Waidmannsluster- und Hermsdorfer Damm sollte ein neuer Güterbahnhof Tegel entstehen. Für die Anbindung an den neuen Güterbahnhof Tegel wurde die Trassenführung ein Stück weiter westlich der alten Trasse geändert. Nach der Hochlegung 1925 diente die alte Trasse als Wanderweg von Tegel in den Tegeler Forst.

 

Auf der Karte 444 im Maßstab 1:10000 von 1974 war die Trasse vom heutigen Waidmannsluster Damm bis zur Ruppiner Chaussee noch vollständig befahrbar. Das änderte sich leider mit dem Autobahnbau. Die Pfeile markieren den Trassenverlauf. Veröffentlichung des Kartenausschnitts mit freundlicher Genehmigung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt durch Erlaubnis-Nr. 1012-12 vom 10.04.2012. Hier gehts zum Bestellservice für Veröffentlichungen Karten und Luftbilder der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

 

 


Anfang der 1980er Jahre beschlossen die beiden deutschen Staaten einen Autobahnbau von Berlin nach Hamburg. Die geplante Trasse durch den Tegeler Forst betraf auch die noch in Betrieb befindliche Strecke nach Heiligensee. Durch die Stilllegung der Strecke nach Heiligensee am 09. Januar 1984 brauchte der Berliner Senat keine Rücksicht mehr auf die S-Bahn nehmen. Ein Teil der Trasse an der Anschlussstelle Waidmannsluster Damm wurde für den Autobahnbau abgetragen. Sie musste 14 Jahre später wieder aufgebaut werden, was die Inbetriebnahme der S-Bahn nach Hennigsdorf verzögerte.

Die alte Trasse der Kremmener Bahn wurde nördlich des Hermsdorfer Damms ebenfalls für den Autobahnbau abgetragen. Der durchgängige Wanderweg bis zur Ruppiner Chaussee war nun unterbrochen.

 

Die Situation der Trasse 2012. Die Trasse ist stellenweise unterbrochen und abgetragen. Zwischen dem Tegeler Fließ und Hermsdorfer Damm nicht mehr als Wanderweg ausgewiesen. Diese und die weiteren Kartenausschnitte von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0

 

 

Heute, rund 30 Jahre später, kann man die alte Trasse in Abschnitten noch begehen. Diesen Hinweis verdanke ich dem renommierten Heimathístoriker Frank-Max Polzin.  Der Abschnitt zwischen Tegeler Fließ und Hermsdorfer Damm wurde als Wanderweg aufgegeben. Der Autor wollte sich vor Ort selbst ein Bild machen, was von der historischen Trasse noch vorhanden ist. Mit Kamera, GPS-Receiver und dem Hund, der eine extra Tour bekam, erkundete der Autor am 06. März 2012 die Spuren der alten Trasse der Kremmener Bahn.

 

 


Die Tour beginnt am Waidmannsluster Damm. Hier ist die historische Trasse als Zufahrt zu einer Aufbereitungsanlage der Berliner Wasserbetriebe gepflastert. Hinten ist der Waidmannsluster Damm zu sehen. Jenseits des Waidmannsluster Damm ist von der alten Trasse nichts mehr übrig. Auf diesem und den folgenden Bildern ist rechts meine Position zu sehen.

 

 

Weiter geht’s in Richtung Tegeler Fließ. Links hinter dem Zaun die Auffahrt zur BAB und zum Hermsdorfer Damm, rechts vom Weg erstreckt sich der Friedhof „Zum Fließtal“. Hier befand sich bis zum Autobahnbau die Kleingartenkolonie „Bahndreieck“, die dem Autobahnbau ebenfalls zum Opfer fiel.

 

 


An dieser Stelle befand sich die historische Brücke von 1893, die normalerweise nicht dem Autobahnbau im Wege stand. Hier war eine Aufbereitungsanlage für das Wasser des Tegeler Fließ geplant, der die Brücke weichen musste.

 

 

Kurz hinter der Fließbrücke schwenkt die Trasse nach links in Richtung Nordwesten. Die Trasse ist nicht mehr als Waldweg ausgewiesen, wie man an dem Baumbewuchs unschwer erkennen kann. Die Trasse ist immer noch als solche im Gelände auszumachen. Erstaunlich, dass nach fast 30 Jahren die Natur noch nicht Oberhand genommen hat. Ich blicke Richtung Schulzendorf.

 

Ein Stück weiter Richtung Hermsdorfer Damm. Ich blicke in Richtung Tegel. Auch hier ist die Trasse bei richtigem Licht und spärlichen Laubbewuchs gut zu erkennen.

 

Kurz vor dem Hermsdorfer Damm versperrt mir ein umgestürzter Baum den Weg. Hier ist die Trasse auch nur beschwerlich auszumachen. Hier endet auch der erste Teil der noch vorhandenen Trasse. Gleich hinter dem Hermsdorfer Damm hat die Autobahn die Trasse vollständig in Beschlag genommen.

 

Ab dieser Stelle ist die Trasse wieder ein öffentlicher Waldweg. Die links und rechts immer noch vorhandene Aufschüttung der Bettung verrät dem Kundigen die ursprüngliche Bestimmung dieses Waldwegs.

 

Kurz vor der Ruppiner Chaussee. Die Trasse verläuft hier direkt neben der Autobahn, die rechts im Bild erkennbar ist. Hier endet meine spurenkundliche Wanderung. Mein Vorschlag an die Verantwortlichen im Bezirksamt Reinickendorf: Man könnte doch mit Hinweistafeln an der Trasse den interessierten Spaziergänger doch nahebringen, auf welchen historischen Grund er hier läuft. Ähnliches hat man ja auch mit einer Tafel auf dem Ehrenpfortenberg realisiert, der übrigens mit stolzen 69 m über Normal Null die höchste Erhebung in Reinickendorf ist.

 

Übrigens: Wer Interesse am Radwandern auf ehemaligen Bahnstrecken hat, wird auf bahntrassenradeln.de fündig.